Vermutlich kennen alle altersgemischten Alpenvereinsgruppen das Problem: Irgendwann kommen die Alten nicht mehr mit auf Tour, weil sie nicht mehr mithalten können. Das ist ein Naturgesetz! Wir haben versucht, dem etwas von seiner Schärfe zu nehmen. Während unserer Dolomitenwoche waren wir zu acht im Grödnertal. Ja, ja, stimmt natürlich: Touristenghetto! Mehr Seilbahnen als Edelweiss! Andererseits: Touristen sind wir alle, wenn wir nicht dort leben oder arbeiten. Es gibt dort eine perfekte Verkehrsinfrastruktur, sowohl in der Waagerechten als auch in der Senkrechten. Und dann die vielen Jubelblicke auf die Bergwelt, hier noch mehr als anderswo. Daher haben wir uns ein Quartier in Wolkenstein gebucht. Hüttentour geht ja schlecht mit altersschwachen Rentnern.
Angedacht war, dass die Fitten früh aufstehen und die 900 Höhenmeter aufsteigen. Zwei Stunden später wälzen sich die Altersgeschädigten aus dem Bett, genießen das opulente Frühstück und steigen dann in die Seilbahn. Oben trifft man sich dann an der Bergstation und macht eine nette Höhenwanderung. Soweit die Theorie, aber wir hatten alle ein Wochenticket (sozusagen eine Flat-Rate) für die Grödner Seilbahnen erworben. Das war nicht ganz billig. Das Geld muss durch viele Seilbahnfahrten wieder reingeholt werden. So mussten unsere fitten Bergsteiger, von der Ökonomie erzwungen, auf so manchen lustvoll verschwitzten Höhenmeter verzichten. So kommt es dann auch zu sogenannten Bierfahrten, bei denen dann oben ein Bier mit Fernsicht genossen wird. Und so ergab es sich, dass wir alle gemeinsam hinauffuhren und oben eine gemeinsame Kraxelei oder Wanderung machten. Danach konnten ganz nach Lust und Kondition Aktivitäten in Kleingruppen angehängt werden; vom 500-Meter-Klettersteig bis zum Blümchenknipsen auf der Alm. Schluss mit dem Geschwätz! Ihr wollt wissen, was wir konkret gemacht haben?
Ankunftstag: Ein längerer Spaziergang oberhalb von Wolkenstein zur Burg.
2. Tag: Einlaufen auf einer Rundwanderung über das Cirjoch zur Puezhütte und zurück durchs Langental. (Bild: Abstieg von der Puezhütte)
3. Tag: Regen! Einige fahren nach St. Ulrich ins Museum und zum Apfelstrudelessen. Andere fahren zum Bummeln nach Brixen.
4. Tag: Klettersteigschnuppern an der kleinen Cirspitze. Danach besteigen sechs von uns auch noch die große Cirspitze. Treffen im „Charlys“ unter den Cirspitzen. Rückwege je nach Kraftreserven oder Geschmack. (Bild: Klettersteig kleine Cirspitze)
5. Tag: Heute gleich in zwei Gruppen. Drei junge Hüpfer gehen vom Sellajoch die Runde Schustersteig, Plattkofel, Friedrich-August-Weg. Die rentennahen Jahrgänge und die Altrentner bewältigen mit Seilbahnhilfe die Runde Raschötz, Brogleshütte, Seceda, Wolkenstein. (Bild: Gipfelkreuz Plattkofel)
6. Tag: Heute steht eine Seiser Alm-Wanderung an. Auf dem Puflatsch, oberhalb der Hotelsiedlung Compatsch, findet dann ein variantenreiches Knödelessen statt. Im Anschluss fahren die zwei Alten mit dem Bus nach Wolkenstein, der tapfere Rest steigt vom Puflatsch über den Schnürlsteig nach St. Ulrich ab.
7. Tag: Heute ist es etwas regnerisch. Die drei Schustersteig-Helden möchten gern auch den Traumblick von der Seceda genießen. Gewünscht- getan! Auf dem Rückweg lernen wir die “Heiße Oma“ von der Pieralongia-Alm kennen, die unsere regengedämpfte Stimmung spürbar aufhellt.
Und der Sinn dieses Geschreibes?
Ich glaube wir haben für uns als Gruppe einen interessanten Versuch unternommen, wie man mit Teilnehmern sehr unterschiedlicher Leistungsfähigkeit gemeinsam die Berge genießen kann. Ob wir so etwas wiederholen, hängt auch davon ab, wie zufrieden die einzelnen Mitreisenden mit dieser Woche waren. Voraussetzungen für solche Unternehmungen sind meines Erachtens ein Standquartier, eine gute touristische Infrastruktur und ein breit gefächertes Angebot an Touren unterschiedlicher Anforderungen.
Wolfram Seyfarth