ATG 4.Teil „Alpensüdkamm Brenta, „Sentiero Brutalo“ und Gardasee Blicke vom Monte Baldo in 11 Tagesetappen von Lavis/Trentino (I) bis Lazise/Veronese (I)
Man wandert auf diesem 4. Abschnitt der ATG bis Lazise 158 km, Aufstieg 8400 m, Abstieg 9250 m, auf gepflegten und gut markierten Wanderwegen, von sanft bis hin zu anspruchsvollen „Brutalo“ Strecken, die auch bis auf 2500 hm durch alpine und vielfältige Naturkulissen führen.
Wie bereits im 1. , 2. oder 3. Teil der ATG zu den Wanderwegen beschrieben, wird auf die GPX Files und Wegbeschreibungen verwiesen, die auch für diesen 4.Teil in „alpenvereinaktiv.com“ herunter zu laden sind https://www.alpenvereinaktiv.com/de/tour/atg4-lavis-garda-lazise-159-km/800886008/
Mit fünf Personen sind wir in Trient gestartet und ab Sarche vollständig zu siebt unterwegs gewesen. Wer diese 11 Etappen organisiert, sollte auch hier zuerst mit den Unterkunftsbuchungen beginnen, womit auch manche erkennbaren Umwege zu den Unterkünften erklärt sein sollen!
Der 1. Tag (ATG4-28 der Gesamtetappen) beginnt mit der Nutzung der Regionalbahn – kostenlos, wenn man die Trentino Card im Hotel bekommt. Der Weg (14 km) vom Bahnhof Lavis führt ca. 30 Minuten auf Straßen und an Obstplantagen (Äpfel, Weintrauben) entlang, danach durch Wald mit dem besseren Klima. Hier befindet sich schon die erste hilfreiche, seilgesicherte Stelle auf dem Weg nach oben. Santel ist ein Mountainbiker Paradise, was aber rücksichtsvoll gehandhabt wird, und auch mit Wanderern sich begehen lässt sowie auch einen ersten Blick auf die Brenta ermöglicht. Wir kommen in dem gepflegten Wintersportort Andalo an.
Die folgende 2. Tagesetappe (ATG4-29) ist weniger umfangreich (ca. 9 km) und führt von Andalo über das La Montanara Hotel „The Mountain View Theater“ zum Rifugio Croz dell'Altissimo. Der Aufstieg im 1. Teil zur Wasserstelle „La Fontana“ ist sehr gut, dann wird aber die Wasserknappheit deutlich. Die eigentliche Quelle wird ersetzt durch Tanks, die ein Trecker auf die Höhe liefert. Der Weg ist in dem 2. Teil super abwechslungsreich, jedoch falsch in den Karten und Beschreibungen (Garmin oder Komoot sind nicht vollständig).
3. Tag (ATG4-30). Vom Rifugio Croz dell'Altissimo geht es nach kurzer Zeit bereits zum 2. Frühstück auf dem Rifugio Selvata. Der Weg verläuft überwiegend im Wald und ist somit auch schattig, dafür aber mit Waldlücken versehen für das Betrachten der Bergpanoramen. Kurz vor dem Rifugio Tommaso Petrotti wird die Wegführung wieder anspruchsvoll, auch durch Seile gesichert. Diese Hütte dient den Klettersteig-gehenden für die vielen Touren in der Umgebung. Wir staunen über die mächtige Anzahl von Wespen auf dieser Höhe von 2500 hm. Ein kleiner Ausflug zur Bocca di Brenta (2552 m)mit dem Blick auf den Ortler ergänzt den Tag.
4. Tagesetappe (ATG4-31). Ein „Hamburger Gate“ für Wandernde eröffnet diese Tagestour zum Rifugio Cacciatore. Junge Pfadfinder pausieren in der Bocca Cacciatore über eine längere Zeit, was bei dem Bergpanorama gut zu verstehen ist. Leider begegnen wir einer Hundehalterin, die die Kontrolle über ihren Hund nicht hatte, und wir erschrecken uns bei der Begegnung Auge in Auge mit dem Hund. Murmeltierpfeifen wird mit lautem Hundegebell beantwortet, neue Geräusche in den Bergen. Auf der Rifugio Val D' Ambiez - Silvio Agostini ist eine schmackhafte Einkehr zu empfehlen. Gämse und Murmeltiere, sowie das pure Brenta Bergpanorama zeichnen dieses Klettersteigparadies aus.
Der 5. Tag der Wanderung (ATG4-32) führt von dem Rifugio Cacciatore nach Sarche, wo die einzige Möglichkeit bestand die Unterkunft (Hotel Ideal) für diese Strecke zu bekommen. Der folgende Weg nach der Alm ist superschön und führt durch Wald. Der Abstieg ging leider auch über Betonpisten und lockeren Schotter. Es wurde ein sehr langer Weg bergabwärts, der aber dann am Restaurant „Dolomiti del Brenta“ zur Pause mit Speckknödelsuppe einlädt. Der Zugang ist neu beschildert und verkürzt die Strecke dorthin. Von hier lässt sich auch ein Taxi nach Moline/Deggia (7,5 km entfernt) buchen, was den puren Asphaltweg ersparen kann. Von Deggia ist ein Feldweg mit Blick in das Fiume Sarca Tal. Dieser Weg wurde mit kleinen, bemalten Steine ausgestattet. Der Ausstieg zum Ort Sarche war dann wieder überraschend. Die neu gebaute Moränensperre hatte kein Wanderweg mehr zum Ort markiert. In Sarche war unsere Gruppe dann mit nun 7 Personen komplett.
Nun beginnt schon die 6. Tagesetappe (ATG4-33) von Sarche zum Maso pra Cavai (Madice), eine etwas unspektakuläre Wanderstrecke, die unterwegs eine kostenlose Feldbewässerungsdusche parat hielt. Zum Passo de Morte führte ein schöner Aufstieg durch bewaldetes Gelände, eine Rückschau auf die Brenta war immer möglich. In Porte Arche schmeckt der Eisbecher zur Pause auch ganz gut. Auf den Obstplantagen für Äpfel und Wein sind auch sehr viele Walnussbäume zu finden. Der Obstbauernhof Maso pra Cavai produziert Wein, Äpfel, Kirschen, Kartoffeln und Mais. Der Obst Hof bietet neben der Unterkunft auch ein besonderes Dinner mit den Köstlichkeiten der Region, einmalig diese Einkehr.
Am 7. Tag (ATG4-34) wandert man von Madice (Maso pra Cavai) zum Tenno See mit einer Pause in Ballino. Plantagen sind hier aus Kastanien- und Maronenbäume kurz vor Tenno zu finden, was aber Privatbesitz ist. Wie in diesem Sommer üblich, war der Wasserstand des Tenno Sees auch um einiges niedriger als sonst. Der Regen an dem Tag konnte das grün blaue Wasser im See nicht auffüllen.
Die Cappuccino Bar in Ballino hatte noch den Hinweis, dass auch Andreas Hofer seinerzeit dort unterwegs war.
Das Hotel am Tenno See bot auch einen Pool mit sehr kaltem Wasser zum Schwimmen.
Der anschließende Ruhetag, der hier geplant war, wurde dennoch für eine kleine Tour zum Rifugio San Pietro mit einem ersten Top Blick auf den Gardasee gestaltet. Auf dem Rückweg wurde noch das ursprüngliche Bergdorf „Canale di Tenno“ besichtigt - ein sehenswerter Tipp für einen Besuch.
Diese 8. Etappe (ATG4-35) von Tenno See zum Rifugio „Bocca Di Trat Nino Pernici“ hatte wieder eine Besonderheit auf dem Weg 445 parat. Am Anfang stand ein Schild: „Sentiero per escursonisti esperti“, „Wanderweg für Wanderexperten“ als eine kleine Indikation, was uns erwarten würde. Ein langer gerader Aufstieg unter Bäumen auf Waldwegen hatte am Anfang Vertrauen für diesen Weg geschaffen. Die Beschaffenheit dieser Strecke war angenehm, wenige Wanderer, eher Trail Runner waren in dieser stillen Region anzutreffen. Nach einem Drittel des Weges folgten wir einem Hangwiesenweg von einer Breite von einem schmalen Schuh, zugewachsen von Ginster und Jungbuchen, sollte das die Warnung für den Wanderexperten sein? Die Kartenwegangabe bezeichnete diesen Abschnitt mit T3. Nun trafen wir auf den einzigen Wanderer, der uns entgegen kam mit der Anmerkung: „Brutale“. Dann war es soweit: an einer Bachschneise waren Wegmarkierungen zu finden, jedoch der Weg nicht mehr und der Aufstieg hier von 3 -5 m war nur zu erahnen. Mit Hilfe von abgestorben Bäumen und Ästen, die als Aufstiegshilfe nutzbar waren, war diese Stelle nur zu überwinden. Nun war der Begriff „Sentiero per escursonisti esperti“ auch für uns deutlich geworden. Der Karteneintrag T3 ist somit nicht korrekt. An dieser Stelle fehlen hier die Seilsicherung und Eisen im Fels. Das Problem was sich hier versteckt ist der fehlende Wegewart in der Sektion SAT Trentino. Die Schilder sind mit dem Auto an beiden Seiten schnell installiert, jedoch ist die Interpretation nicht überall bekannt. Es gibt mehre Wege mit dieser Kennung im Gebiet der Sektion Trentino. Wir hoffen, dass sich hier bald ein Wegewart finden lässt. Fazit: Bei diesem Weg 445 mehr Zeit einplanen! Das Rifugio „Bocca Di Trat Nino Pernici“ ist eine ehemalige Kaserne und hält einige Militärfunde als Dekoration im Haus bereit.
Die 9. Tagesetappe (ATG4-36) geht vom Rifugio „Bocca Di Trat Nino Pernici“ nach Riva del Garda und dann mit dem Schiff nach Malcesine. Ein Abstieg von 1700 hm mit 14 km liegt vor uns, der Panorama Weg 413 ist angenehm und bietet schöne Eindrücke der Landschaft. Am Ende der anschließenden Strecke 417 erwartete uns der Abstieg über eine 30 m Stahlleiter zur Kapelle „Santa Barbara“, leider ist das naheliegende Rifugio nur am Wochenende geöffnet. Mit dem Besuch der „Bastione“ bei Riva war der Wanderweg nach mehreren Stunden beendet und das Expressschiff nach Malcesine erreicht. Unsere Unterkunft in Malcesine war direkt am Hafen gelegen.
Die 10. Etappe (ATG3-27) ist der Monte Baldo Panorama Weg 651. Die Seilbahn auf 1750 hm hilft den Tag besser zu gestalten. Der herausfordernde Teil ist mit T3 in den Karten markiert, ein gut gepflegter Weg, frei geschnitten von den Latschenkiefern ermöglicht er ein wunderbares Wandern. Die kritischen Stellen sind wie in der Karte markiert mit neuen Seilen und Eisen im Fels gesichert. Ein Lob an den Wegewart der Sektion SAT Verona. Der Gipfel Cima de Valdritta (2259 hm) war leider in den Wolken. Zwischendurch bietet sich immer einmal wieder der freie Blick auf den Gardasee. Hier oben sehen wir Rudel von Gämsen, was in den Wolken immer wieder für eine Überraschung sorgt, wie nahe die Tiere doch am Weg bleiben. Auch hier ist das Edelweiß noch zu finden. Felsige Türme in den Wolken ergeben ein mystisches Bild bei der Wanderung zum Rifugio Telegrapho. Diese Etappe wurde noch dadurch besonders, dass seit 2 Wochen (August 2022) die Sessel - und Viehseilbahn nach 10 Jahren wieder erbaut und in Betrieb genommen wurde, was den Abstieg von 800 hm runter nach Prada Alto (1000 m) sehr erleichterte.
Die 11. Etappe beginnt in Prada Alta und endet dann in Lazise, dem Zielort. Der direkte Weg wäre die Straße. Wir gehen aber einen Wanderweg über Wiesen und Weiden im offenen Gelände. Ab hier sind Kuhglocken zu hören, Eselherden säumen den Weg. Weidezäune müssen mit Hilfe von aufgestellten Leitern überwunden werden, was aber zu dem Weg gehört. An einer Stelle ist eine Wegsperre aus Moniereisengitter zu überwinden, die aber auch in den Karten vermerkt ist. Rechts daneben rutscht man unterdurch oder man geklettert darüber, was noch ein letztes Mal den alpinen Charakter dieser Etappe verdeutlicht. Ein Bus von Costermano kann die letzte 5 km Asphalt bis zur Schiffanlegestelle in Garda ersetzen. Der Küstenweg von Garda nach Lazise wird von sehr vielen E-Bikern und Badegästen genutzt, was dem Wandern abträglich ist. Ersatzweise geht ein Schiff von Garda nach Lazise, wo sich am Ausgang des Hafenbeckens die Kommunale Verwaltungsstelle befindet und damit diese „Alpen Traverse Gemellato“ (Partnerstadt) vollendet ist.
Diese 11 Tage-Wanderungen waren eine „Besondere Tour“, die uns alle wieder begeistert hat. Die Erfahrungen über die „Sentiero per escursonisti esperti“ hat auch wieder deutlich gemacht, was das Engagement (Hütten- und Wegewarte) in den Alpenvereinen für einen Wert hat.
Frank, Rüdiger, Renate, Michael, Jörg, Stefan, und
Karl-Michael Kaufmann
18.11.2022
*Angelehnt an die 35 Etappen des “Fernwanderweges Rosenheim – Lazise“, erstellt 2011 – 2018 vom Sebastian-Finsterwalder-Gymnasium Rosenheim und der Herrligkofferstiftung anlässlich der 40-jährigen Städtepartnerschaft (ISBN: 978-3-948242-00-8).