Tour des Glaciers / Juli 2017

Panorama-Balkon-Wanderung - Ein Klassiker in den französischen Alpen, im Parc National de la Vanoise in Savoyen

Unser „Quartiermeister“ Frank wartet vergeblich Stunden um Stunden in der Ferienwohnung in Genf. Wir anderen ergattern nach verspäteter Ankunft unseres Flugzeugs endlich unsere beiden Leihwagen. Neben Peer wird Manfred, der sich durch Führerschein und gültige Kreditkarte qualifiziert, kurzfristig zum zweiten Fahrer erkoren. Auf geht‘s dann durch das nächtliche Genf zur Ferienwohnung, die dunkel und verweist ist. Mit Klopfen und Anrufen bekommen wir den schlafenden Frank endlich wach. Unseren Hunger stillen wir anstatt mit einem gemeinsamen Mahl im Restaurant nur mit Nudeln bianco und Franks selbstgebackenem Baumkuchen. Glücklich fallen wir in unsere Betten.

Willkommen in Frankreich! Matthias, Frank, Simon und Susan besorgen zu früher Stunde Croissants zum Frühstück. So können wir die Fahrt in die Berge starten. Eine Stippvisite im „supermarché“ füllt noch die Rucksäcke mit Essbaren für den Tag. Bei manch einem gehört dazu auch noch für eine Zusatzportion an Gaumenschmaus, für die Vesperzeiten der vor uns liegenden Wanderung. Eva spendiert uns in Modane einen „cafe nosiette“, also einen kleinen französichen Kaffee. Der dann angesteuerte Parkplatz stellt sich nicht als der gewünschte heraus, doch den richtigen erreichen wir nach rasanter Serpetinenfahrt noch rechtzeitig, um dort in den Bergbus umzusteigen. So brauchen wir nur noch eine halbe Stunde zur ersten Hütte zu laufen.

Hamburger Nieselwetter mit Novembertemperaturen lassen uns an Sommerurlaub zweifeln. Nach den ersten Steifzügen um die Hütte sorgt das liebevoll gekochte 4-Gänge-Menue der Herbergseltern mit Bullerofen in der Stube für gemütliches Beisammensitzen. Hier gibt es nur Selbstgemachtes und kein Geld für die Coca Cola Company! Tollste Panoramaaussichten soll es auf dem ersten Marschtag geben. Doch wir denken uns, im Harz sähe es bei Nebel genauso aus; Peer kann uns ja viel erzählen. Zur Mittagszeit verwöhnt uns eine Hütte mit Trockenraum und warmer Suppe. Und am Nachmittag bei Ankunft in der Unterkunft verziehen sich dann tatsächlich die Wolken etwas nach oben. Wir sind wirklich in den Alpen! Das treibt den einen oder anderen nochmals nach draußen zum Schauen und Staunen. Zur Belohnung werden erste Steinböcke gesichtet.

Am nächsten Morgen liegt ein nebliges Tal uns zu Füssen. Doch es lichtet sich schnell und die Sonne zeigt uns das Tal, welches wir durchschreiten wollen. Unten im Ort werden noch schnell Käse, Postkarten und sogar eine Kniebandage erstanden. Der langsame Anstieg zur nächsten Hütte lässt viele verschiedene Foto-Stopps zu. Hinter der Hütte liegt noch ein wunderschöner Gletschersee mit Edelweiß im Überfluss. Und zur Krönung des Tages sehen wir Alpenglühen. Auf dem Abendbrottisch steht unser Tischschild „Club alpin Hamburg“. Beim Nachtisch rätseln wir allerdings ob Heidelbeere, Chassis oder gar Rotwein für die Farbe der Schnittchen sorgte. Hauptsache es schmeckt!

Überschreitung eines Cols (Joch) steht nun an, Col de Chaviere 2800 Hm. Hier laufen wir im Gänsemarsch den kleinen Pfad bergan. Schneefelder und Geröll sind zu bewältigen. Peer gibt Tipps. Simon entdeckt als Vorderster ein Schneehuhnpaar! Für Murmeltiere heben wir nicht mehr den Kopf. Frank, Susan, Matthias und Simon laufen noch höher in Richtung Gipfel. Wir anderen genießen eine längere Mittagspause weiter unten in einer Senke mit Wiesenblumen und warmen Felsen für ein Nickerchen. Gemeinsam schreiten wir dann zur Hütte weiter. Unsere vier Gipfelstürmer starten zur nächsten Etappe wieder über ein Col während wir anderen den Berg umrunden. Trotz angeblicher Balkonwanderung kommen auch wir auf beachtliche 1000 Hm. Es handelt sich eben um einen französischen Höhenweg. Da wir bestes Sommersonnenscheinwetter haben, sehen wir die Gipfelstürmer sowohl bergab als auch bergan zur Hütte auf der wir es uns schon gemütlich gemacht haben. Gleichzeitig beobachten wir auch Mulis, da hier alles händisch zu Hütte gebracht wird. Auch die Steinböcke posieren zum Foto-Shooting vor der Hütte. In drei Etagen wird hier eng an eng geschlafen. 50cm breite Matratzen sorgen für Tuchfühlung – Sardinendosenfeeling inklusive.

Zum Glück kommt jetzt ein Tag zur freien Verfügung. Nur eine halbe Stunde weiter bis zur nächsten Hütte. Manfred und Rosi gondeln ins Tal. Susan und Peer genießen die Hütte und wir anderen latschen durch die Hochebene zu dem Gletschersee 2950 Hm hoch. Das Baden etwas weiter unten am Gebirgsbach erfrischt unsere verschwitzten Körper. Die abendlichen Klatschspiele von Eva und Rosi erfreuen uns und belustigen einige Gäste. Ein französisches Mädchen macht spontan mit. Unser allabendliches Doppelkopfspiel können wir nur unterhalb unseres Schlafraumes spielen. Das stört natürlich diejenigen, die sich schlafen gelegt haben. Schande über uns! Nicht dass wir bis in die Puppen spielen, nein, um 10 Uhr ist schließlich Hüttenruhe!

Jetzt folgt die längste Tagesetappe mit 20 km. Peers Rucksack läuft etwas aus und setzt mal wieder den Boden unter Wasser, aber mit vereinten Kräften ist der Schaden auch diesmal schnell behoben. Bestes Wetter und tolle Aussichten verwöhnen uns. Die Wege sind anspruchsvoll, aber da es so schön trocken ist, gut zu laufen. Hey – auch ein Gipfelkreuz können wir nur ein paar Meter neben unserem Weg mitnehmen! Unsere Zielhütte liegt unterhalb eines Gletschersees und hat eine riesige Dachterrasse mit Blick ins Tal. Auch der Gastraum bietet mit seinen gewaltigen Panoramafenstern eine wunderbare Aussicht. Hier wird nicht nur an unserem Tisch gespielt und fröhlich gelacht.

Jetzt folgt unsere letzte Etappe unterhalb des Gletschers. Tolle Wege mit Bächen. Aber aufmerksames Wandern bitte, da man sonst eventuell den Weg verlässt und verliert. Gut dass uns all die Steinmännchen immer weiterleiten. Diesmal laufen nur Matthias, Simon und Frank einen extra Kringel. Wir genießen schon auf der Endhütte ein Alsterwasser. Währenddessen braut sich ein Gewitter zusammen. Die Autos stehen nur eine halbe Laufstunde entfernt, was natürlich genutzt wird, um sich mit den dort zurückgelassenen sauberen Reiseklamotten schick zu machen. Dumm allerdings, wenn man mit dem falschen Autoschlüssel losläuft und deshalb die Runde nochmals drehen muss.

Die Woche ist um und die Autofahrt nach Genf bringt uns in den bienenstockgleichen Flughafen zurück. Hier heißt es sich durch die Massen zu wühlen, um einzuchecken und den Zoll zu passieren. In Frankreich sind eben Sommerferien. Ganz schnell stehen dann einige von uns im Gewühl alleine da. Doch im Gate-Bereich treffen wir uns auf wundersame Weise wieder. Nun können wir gebührend Abschied nehmen und in die verschiedensten Flugzeuge gen Heimat steigen! Hamburg ist gerade dabei vom G20-Schreck zu erwachen, während erholt nach Hamburg heimreisen. Ohne von all dem etwas mitbekommen zu haben! Hat doch auch Vorteile, keinen Handyempfang in den Bergen zu haben!

Ausbildungskurs WAN2017.03
Text: Ulrike Koch/ Korrektur: Simon Golin

Fotos: Rike und Eva